Diagnose von FASD
Was bedeutet eigentlich FASD?
Unter dem Begriff FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) oder auch Fetale Alkoholspektrum-Störungen werden alle Formen alkoholbedingter Schäden bei Kindern, die durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft verursacht wurden, zusammengefasst. Das beinhaltet das FAS-Vollbild, partielles FAS und die sog. ARND.
Wer stellt die Diagnose
Die Diagnosestellung ist ausschließlich medizinischen Einrichtungen und Fachärzten vorbehalten. Diagnostik, sozialrechtliche Hilfen und Unterstützung bieten regionale sozialpädiatrische Zentren (SPZ). Eine erste Übersicht liefert die FASD-Netzwerkkarte.
Pädagogische Beratung für Familien und Fachkräfte zum Umgang mit FASD in Alltag, Schule, Freizeit und weiteren Lebensbereichen bietet das Fachzentrum für Pflegekinder mit FASD Köln des Erziehungsbüros Rheinland.
Diagnosekriterien für FASD
Die Diagnose des FAS (Fetales Alkoholsyndrom) bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren stützt sich seit 2012 auf die evidenzbasierten S3-Richtlinien, die eine Expertenkommission für den deutschsprachigen Raum abgestimmt hat: (Adaption Grafik S. 17).
Mindestens eine – Geburts- oder Körpergewicht oder – Geburts- oder Körperlänge oder – Body Mass Index | Alle 3 FAS-typischen – Kurze Lidspalte und – Verstrichenes Philtrum und – Schmale Oberlippe | Mindestens eine
– Mikrocephalie, oder – Globale Intelligenzminderung bzw. globale Entwicklungs– oder – Verminderte Leistungen in |
Diagnose der Fetalen Alkoholspektrum-Störungen
Sind alle drei Kriterien erfüllt, handelt es sich um das FAS Vollbild. Bis zum Kindesalter zeigen Kinder mit FAS Vollbild faciale, also äußerliche Merkmale, die sich im Jugend- und Erwachsenenalter auswachsen und noch schwer zu identifizieren sind. Hier helfen Kinderfotos weiter. Nur etwa 20 bis 30 Prozent der Kinder mit FASD zeigen faciale Merkmale, der weitaus größere Teil weist keine äußerlichen Merkmale auf.
Faciale Merkmale beim Vollbild des FAS (adaptiert nach Confugium eV – Netzwerk für Kinder und Jugendliche)
Bei partiellem FAS (pFAS) werden zwei dieser Kriterien erfüllt, zusätzlich ist der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft bekannt. Dabei handelt es sich beim pFAS keinesfalls um eine abgeschwächte Form des FAS, denn auch hier kann die kognitive und emotionale Entwicklung genauso ungünstig verlaufen wie beim Vollbild des FAS.
ARND (Alcohol Related Neurodevelopmental Disorders): Bei den Betroffenen treten keine körperlichen Beeinträchtigungen auf, jedoch steht die Dysfunktion des Zentralen Nervensystems im Vordergrund. Mindestens eine der zentralnervösen Störung muss vorliegen: kleiner Kopf, Hirnanomalien, verminderte Feinmotorik, Hörprobleme oder auffälliger Gang; zusätzlich können Verhaltensauffälligkeiten, geringe Impulskontrolle, verminderte Schulleistungen und sozio-emotionale Defizite auftreten. ARND wird nur bei bekanntem Alkoholkonsum der schwangeren Mutter diagnostiziert.
(nach Jana Bott: Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, GRIN Verlag 2012)
Übersicht FASD-Ausprägungen
Diagnose-Kriterien
| Wachstumsstörungen | Faciale Auffälligkeiten | ZNS-Auffälligkeiten | Bekannter Alkoholkonsum während der Schwangerschaft |
FAS | Ja | Ja | Ja | Optional |
pFAS | Ja | Ja | Ja | |
ARND | Ja | Ja |
Nur ein geringer Teil der FASD-Menschen ist dem klassischen FAS-Vollbild zuzuordnen. Etwa 70-80 Prozent aller alkoholgeschädigten Menschen haben keine äußerlich sichtbaren klinischen Erkennungsmerkmale und bleiben in der Regel undiagnostiziert. (Spohr „Das fetale Alkoholsyndrom“, De Gruyter, 2014)
Frühe Diagnose entscheidend für Entwicklungsprognose
Für eine möglichst günstige Entwicklung der Kinder mit FASD ist eine frühe Diagnosestellung – möglichst im Kindergartenalter – und im „Verdachtsfall“ unverzichtbar. Nur so können angemessene Hilfen und Unterstützung frühzeitig in die kindliche Entwicklung integriert werden und vor allem den Eltern und Bezugspersonen qualifizierte Fördermöglichkeiten im Alltag angeboten werden.
Liegt eine entsprechende Diagnose vor, kann sie FASD-Kindern und ihrem Umfeld auch eine wesentliche Entlastung bieten. Denn so werden die Auffälligkeiten als Symptome der Hirnschädigung gesehen und nicht als Persönlichkeitsmerkmal oder Erziehungsfehler.