Therapiemöglichkeiten und begleitende Hilfen

Grenzen anerkennen und Ressourcen fördern

Eine spezielle kausale Therapie bei FASD gibt es nicht. Jedoch können Kinder in Teilbereichen und symptomatisch mit therapeutischer und/oder medikamentöser Unterstützung ihre Fähigkeiten verbessern, z.B. in Motorik, Verhalten und Sprache.

Im Vorfeld sollte genau überlegt werden, welche Therapie für das Kind am besten geeignet ist, denn „Weniger ist oft mehr“. Darüber hinaus ist die Therapie kein Garant für eine erfolgreiche Entwicklung des Kindes. Daher sollten im Vorfeld immer auch die Therapieziele besprochen werden. Denn die Grenze zur Überforderung kann rasch überschritten werden, z.B. weil bereits Erlerntes vermeintlich als abrufbar vorausgesetzt wird. So kann es nach einer zunächst positiven Entwicklung zum Stillstand oder gar zur Verweigerungshaltung des Kindes kommen.

Im Allgemeinen profitieren Kinder und Jugendliche mit FASD von der 1:1-Situation im therapeutischen Setting. Bereits dies kann zu einer Stabilisierung beitragen.

Auswahl der häufigsten Therapieformen:

  • Physiotherapie um die grundlegende Beweglichkeit zu verbessern
  • Frühförderung als interdisziplinäre Maßnahme verschiedener Therapieformen
  • Ergotherapie fördert die Entwicklung von Konzentration, Motorik und Handlungsstrategien
  • Logopädie fördert die Mundmotorik und Sprachentwicklung
  • Reittherapie (Hippotherapie) stabilisiert die Muskulatur und beeinflusst den Muskeltonus positiv. Willkommener Nebeneffekt: der Umgang mit dem Tier lässt Kinder mit FASD häufig ruhiger und konzentrierter werden.
  • Motopädie fördert gezielt einzelne Wahrnehmungsbereiche
  • Verhaltenstherapie zur besseren Selbstregulation
    Sensorische Integration hilft Kindern mit FASD, einströmende Reize (häufig Reizüberflutung) besser zu verarbeiten, um zielgerichteter reagieren zu können.
    (s.a. „FASD – Fetale Alkoholspektrum-Störungen“, Annika Thomsen et al, Idstein 2014).

Darüber hinaus konnte in Interventionsstudien gezeigt werden, dass neurokognitive Therapien, Arbeitsgedächtnistraining oder Soziales Kompetenztraining zur Verbesserung der Exekutivfunktionen geführt haben. Verstärkt wurde dieser Effekt noch durch die Einbeziehung der Bezugspersonen, die im häuslichen Umfeld die erlernten Strategien nachverstärken konnten. (Jessica Wagner „FASD und Exekutivfunktionen“, Erfurt 2012).

Darüber hinaus haben Pflege-/Adoptiveltern mit weiteren unterstützenden Therapiemöglichkeiten gute Erfahrungen gemacht werden, die individuell auszuprobieren sind:

Tomatis®-Therapie, Ernährungsumstellung (gluten-, zuckerfrei), Nahrungsergänzungen, der Zusatz von Omega-3-Fettsäuren sowie Melantonin (Schlaf-/Wachrhythmus).

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Intervention sollte immer nachgeordnet in ein individuelles Gesamtbehandlungskonzept eingebunden sein, bestehend aus psycho- und soziotherapeutischen sowie pädagogischen Maßnahmen.

FASD selbst ist nicht medikamentös zu behandeln. Es gibt jedoch Möglichkeiten, komorbide Störungen wie Hyperaktivität/ADHS, Aggressivität (auto- und fremdagressiv) oder Schlafstörungen zu behandeln.

Psychostimulantien wie z.B. Methylphenidat werden in der medikamentösen ADHS-Therapie eingesetzt. Sie können dabei helfen, sich besser zu konzentrieren, zu strukturieren und den Alltag insgesamt weniger stressbehaftet zu gestalten. Dabei können Nebenwirkungen wie Appetitminderung, meist vorübergehende Kopf- und Bauchschmerzen, Einschlafstörungen sowie ein leichter Anstieg von Blutdruck und Puls auftreten.
(Jochen Gehrmann „FASD und ADHS: Was bringt die medikamentöse Therapie?“ in FASD: Wenn Liebe allein nicht ausreicht“, 15. FASD-Fachtagung Ludwigshafen 2013).

Antipsychotika (z.B. Risperidon) haben sich als wirksam in der Behandlung von Hyperaktivität, Aggressivität und Impulsivität erwiesen. Auftretende Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Müdigkeit und Kopfschmerzen sind dosisabhängig und teilweise vorübergehend.
(Frank Häßler „Pharmakologische Intervention …“, in „Perspektiven für Menschen mit Fetalen Alkoholspektrumstörungen“, 14. FASD-Fachtagung Erfurt 2012).

Melantonin in hoher Dosierung (verschreibungspflichtig) hat sich bewährt bei Kindern und Jugendlichen, die an massiven Schlafstörungen leiden.

Grundsätzlich sollte beachtet werden, dass Kinder und Jugendliche mit FASD neurochemische und strukturelle Störungen aufweisen, die auch zu paradoxen Wirkungen führen können Der Einsatz und die Dosierung von medikamentösen Wirkstoffen sollte daher individuell und herantastend erfolgen.

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