Leistungen der Pflegeversicherung
Der Grad der Selbständigkeit eines Menschen ist zentrales Kriterium
Seit 2017 hat sich der Begriff der Pflegebedürftigkeit verändert. Maßstab für die Zuordnung zu einem der fünf möglichen Pflegegrade ist nicht mehr der zeitliche Umfang des Hilfebedarfs, sondern der Grad der Selbständigkeit eines Menschen und das Angewiesen sein auf personelle Unterstützung durch andere. Das neue Begutachtungssystem berücksichtigt damit auch den besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf von Menschen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Einschränkungen, so dass immer von einer eingeschränkten Alltagskompetenz ausgegangen wird.
Pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung gemäß § 14 Abs.1 SGB XI sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere benötigen. Ebenso pflegebedürftig ist, wer körperliche, kognitive, psychische oder gesundheitliche Belastungen nicht selbständig kompensieren kann. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.
Zuständig für die Pflegebegutachtung ist der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK). Hier sind auch ausführliche Informationen über den Ablauf, die Begutachtungskriterien und eine Checkliste verfügbar.
Leistungen der Pflegeversicherung
Die häufigsten und wichtigsten Leistungen sind hier zusammengestellt, weitere Informationen unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/pflegegeld.html
Pflegegeld
Ab Pflegegrad 2 zahlt die Pflegeversicherung monatlich das sogenannte Pflegegeld, wenn sich der Pflegebedürftige dafür entscheidet, zu Hause von Angehörigen (nicht vom Pflegedienst) versorgt zu werden. Die Höhe dieser Geldleistung ist abhängig vom Pflegegrad.
Verhinderungspflege
Ist die Pflegeperson durch Krankheit, Urlaub oder andere Termin verhindert, kann von diesem Budget eine Ersatzpflegeperson bezahlt werden. Nur wenn ein Pflegegrad von 2-5 vorliegt. Pro Jahr steht dafür ein Betrag von 1.612 Euro zur Verfügung. Viele Familien nutzen diesen Betrag für Kinderbetreuung über den familienentlastenden Dienst von z.B. Lebenshilfe.
Ergänzend zum Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege können im Kalenderjahr bis zu 806 Euro der noch nicht in Anspruch genommenen Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege genutzt werden. Damit stehen bis zu 2.418 Euro im Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.
Kurzzeitpflege
Bei vorrübergehender Unterbringung in einer stationären Einrichtung für einige Tage oder Wochen übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten der Unterbringung bis zu einer Höhe von 1.747 Euro pro Jahr. Wird diese Pflege nicht beansprucht, kann ein Teil davon mit der Verhinderungspflege kombiniert werden (s. Verhinderungspflege).
Entlastungsbetrag
Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden, können einen Entlastungs-Betrag bekommen. Pro Monat zahlt die Versicherung maximal 125 Euro in allen fünf Pflegegraden. Das Geld soll Pflegebedürftige und pflegende Angehörige unterstützen. Zum Beispiel durch eine Hilfe im Haushalt oder durch längere Kurzzeitpflege. Den Entlastungs-Betrag bekommen sie nicht automatisch, es ist ein Nachweis erforderlich.
Rentenversicherungsbeiträge
Die Pflegeversicherung zahlt für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die wenigstens zehn Stunden verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage eine oder mehrere pflegebedürftige Personen pflegen, Beiträge zur Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Die Höhe der Beiträge richtet sich dabei nach dem Pflegegrad sowie der bezogenen Leistungsart.
Urteil Pflegegeld und Vollzeitpflege
Keine Verrechnung von Pflegegeld im Rahmen der Vollzeitpflege
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24. November 2017 klargestellt, dass das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nicht auf das Pflegegeld im Rahmen der Vollzeitpflege angerechnet werden darf (BVerwG 5 C 15.16).
In den letzten Jahren sind Jugendämter mehr und mehr dazu übergegangen, das Geld, welches den Pflegeeltern für eine Beeinträchtigung ihres Pflegekindes aus der Pflegeversicherung bezahlt wurde, auf das Pflegegeld im Rahmen der Vollzeitpflege anzurechnen – oder anrechnen zu wollen. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss deutlich gemacht, dass eine solche Verrechnung nicht möglich ist, da eine Anrechnung des Pflegeversicherungsgeldes das den Pflegeeltern zustehende Pflegegeld nach § 39 SGB VIII vermindern würde – und es für eine solche Verrechnung keine gesetzliche Grundlage gibt.
Details zum Urteil unter http://www.bverwg.de/de/241117U5C15.16.0