Alltag mit FASD: Strategien, Routinen und Rituale
Vorausschauendes Handeln ist Strategie der ersten Wahl
So wie beim Segeln die Windverhältnisse den Kurs bestimmen, so ist vorausschauendes Denken und Handeln der Bezugspersonen erforderlich, um junge Menschen mit FASD möglichst ohne Kentern durch die verschiedenen Lebensbereiche zu lotsen. Das Umfeld, die Struktur, das Konzept, die Gruppengröße, die Erwartungen, mögliche Schwierigkeiten und „Sicherheitslücken“ sollten bereits im Vorfeld von der Bezugsperson antizipiert, geklärt und wenn möglich dem betroffenem Kind angepasst werden. Denn unerwartete Situationen oder bereits kleine Abweichungen vom sonstigen Ablauf führen zu Irritationen und Überforderung, die sich in Gefühlsausbrüchen zeigen können.
Pflegeeltern sehen sich häufig Vorwürfen ausgesetzt, sie würden das Kind zu streng oder zu behütet erziehen – zumal die FASD-Behinderung nach außen hin häufig nicht sichtbar ist. Dabei sind frühzeitige pädagogische Interventionen sowie eng gehaltene Rahmenbedingungen Grundvoraussetzungen für einen gelingenden Alltag.
Feste Tagesstruktur
Das Zusammenleben mit Kindern und Jugendlichen mit FASD erfordert eine hochstrukturierte Betreuung sowie eine feste Tagesstruktur mit Routinen und Ritualen. Menschen mit Alkoholspektrum-Störungen können sich in der Regel nicht selbst strukturieren und Aufgaben ohne Anleitung bewältigen. Oder sie werden missverständlich wahrgenommen, z.B. als sehr beschäftigt erlebt, obwohl sie gerade ihrer Ziel- und Rastlosigkeit ausgeliefert sind. Nur strukturierte und durchdachte Beschäftigungsangebote können zu einem Erfolgserlebnis führen. Generell gilt: feste Strukturen bieten Orientierung und Sicherheit.
Pflegeeltern und andere Bezugspersonen fühlen sich durch die notwendige Struktur oft eingeengt, Abweichungen führen jedoch leicht zu Irritationen und Anpassungsschwierigkeiten mit Gefühlsausbrüchen des Kindes, auch werden gelernte Regeln vergessen. Dennoch sind Abweichungen von Zeit zu Zeit in „homöopathischer Dosierung“ sinnvoll, um die Flexibilität zu trainieren.
Beispielhafter Tagesplan
6.30 Uhr Aufstehen
6.45 Uhr Erinnerung zum Aufstehen
7.00 Uhr Anziehen und ins Bad
7.10 Uhr Frühstücken
7.30 Uhr zur Schule fahren
16.00 Uhr nach Hause kommen
16.10 Uhr Obstrunde
16.20 Uhr eine CD im Zimmer hören und Spielen, wobei das eher langweilig ist
18.30 Uhr Abendbrot essen
19.00 Uhr Fernsehen
19.50 Uhr ins Bett
Einfache und wenige Regeln
Regeln führen oft zu deutlichen Verbesserungen im sozialen Miteinander, dennoch müssen sie aufgrund der Vergesslichkeit bei FASD ständig wiederholt und auf deren Einhaltung bestanden werden.
Einen konkreten, praxisnahen Wegweiser für diejenigen, die mit Menschen mit FASD zusammen leben und arbeiten, haben Susanne Falke und Sabine Stein in ihrem FASD-Fachbuch Ein (Pflege-)kind mit FASD – und glücklich! beschrieben. Beide Autorinnen sind Leiterinnen der FASD-Arbeitskreise des Fachzentrums für Pflegekinder mit FASD Köln.